wirdeinfestival 2023: 3 Tage und viele Ideen
(Gastbeitrag von Anna Diekmeyer, Köln)
3 Tage unter freiem Himmel. 3 Tage Musik, Handwerk, Kunst, Tanz, Gedanken – und viele Ideen.
3 Tage mit vielen unterschiedlichen Menschen aus Gotha und Remchingen, Gera und Köln, Dresden und Murnau. Sie alle kamen zusammen und teilten diese Zeit miteinander, freuten sich an der Begegnung mit anderen, denen sie sonst nicht über den Weg laufen würden. Ein Festival für junge Leute ab 18 Jahren.
Das war wirdeinfestival 2023 auf der grünen Wiese des Zeltplatzes der Siloah-Kommunität, nicht weit von Gotha.
Die gemeinsame Hoffnung: Zusammenhalt einüben, statt Trennung und Polarisierung.
So viele Ideen
Die Bühne mit handgemachter Musik – oder mit DJs, davor Platz zum Tanzen im Gras. Pavillons für Workshops (Siebdruck, Buchbinden, Linoldruck u.v.m.), das tags und auch noch unter dem Sternenzelt sehr beliebte WirdeinCafé gleich neben dem Abenteuer-Stroh-Paradies und der Planschecke für die Kinder. Talkshops, Tanz, Zirkus, Yoga – barfuß im Gras. Unter den schattigen Bäumen Balken, um den Tag damit zu beginnen, zu hobeln und dabei über das Leben nachzudenken – „Hobelmeditation“. Der Zirkuskünstler, der sein Publikum zum Lachen bringt.
All das war wirdeinfestival 2023
Genuss im grünen Gras
Selbstgekocht war auch das leckere, vielfältige Essen. Gerne machten Teilnehmer:innen mit. Frühstücksgenuss auf der Picknickdecke mit Müsli und Obst. An einem Abend 4 Gerichte aus unterschiedlichen Töpfen, zubereitet von einer eritreischen Familie und einer pakistanischen Frau aus Gotha, einem jungen Mann aus Augsburg. Daraus entstanden farbenfroh zusammengestellte Teller und die Freude, zusammen zu sitzen und zu reden.
Talkshop „Wie wird Frieden?“ (Michael Weinmann)
Ausgesprochen und unausgesprochen war diese Frage in den 3 Tagen immer präsent. Tiefer bedacht wurde sie in einem Talkshop.
Dietrich Bonhoeffer hatte diese Frage 1934 in Fanö gestellt: „Wie wird Frieden?“. Seine Antwort:
Es gibt keinen Weg zum Frieden auf dem Weg der Sicherheit. Denn Friede muß gewagt werden, ist das eine große Wagnis, und läßt sich nie und nimmer sichern. Friede ist das Gegenteil von Sicherung.
Was aber bedeutet seine Antwort für uns heute?
Zunächst teilten wir unsere persönlichen Bilder vom Frieden: „Frieden ist anstrengend! Den gibt’s nicht zum kleinen Preis.“ „Friede, das ist der feste Händedruck beim Friedensgruß. Wenn wir einander in die Augen schauen.“ „Friede: wenn Kinder eine Zukunft haben.“ „Friede ist, wenn ich zufrieden bin.“
Eine junge Frau sagte: „Ich denke beim Wort Frieden an meine Freunde in der Ukraine und mein banges Hoffen, dass sie weiterleben. Das ist keine politische Frage!“ Und ein junger Mann aus dem Iran: „Friede ist, wenn ich sagen darf, was recht ist.“
Im Gespräch beschäftigte uns die Frage nach dem inneren und äußeren Frieden:
„Friede ist ein Gebot der Vernunft.“ „Wir müssen Frieden schließen.“ „Aber Friede ist nicht konfliktfrei.“ Und was ist zu tun, wenn Konfliktpartner:innen den Frieden gar nicht wollen?
Die Erkenntnis, angesichts großer Herausforderungen im Kleinen und Großen vor einer Aufgabe zu stehen, die uns überfordert, könnte entmutigen. Wir haben gemeinsam überlegt, was uns Hoffnung macht.
Das Gebet als Ressource neu zu entdecken („Mache mich zum Werkzeug deines Friedens!“), könnte uns einerseits bescheiden machen, aber auch mutig und unser Friedenshandeln vor einem naiven „Machbarkeits-Denken“ bewahren.
Auf der Suche nach Ermutigung inspirierten uns Gedanken von Eugen Rosenstock-Huessy:
Solange es Leben gibt, besteht noch Hoffnung. Wir werden danach suchen müssen, ob es Zeichen von Hoffnung gibt. In diesen muss eine neue Mentalität sichtbar werden. Und vielleicht können wir auch aus unserer Vergangenheit Hoffnung schöpfen: Denn es ist öfter vorgekommen, dass wir vor schier unlösbaren Aufgaben standen, aber dass uns die Not dann doch zu einer neuen Antwort getrieben hat. Hoffen wir, dass uns auch jetzt die Not eine bessere Antwort abzwingen wird, als wir sie bisher gegeben haben. (vgl. Ko Vos, Auf dem Weg zum Planeten, Göttingen 1992, S.170)
Streiflichter von wirdeinfestival
3 Tage und viele Szenen einer Begegnung, Streiflichtern gleich: Ein Talkshop zum Nachdenken über Narrative, an die wir uns nicht gewöhnen dürfen. Der Siebdruckkünstler, der nach 10 Stunden noch immer geduldig zeigte, wie´s geht. Die Hula-Hoops, Jonglierbälle und Keulen in Bewegung. Der Milchschaum auf dem exzellenten Kaffee. Die Bücher im Kinderzelt und die Spiele auf den Café-Tischen. Die afghanische Familie aus Gotha mit ihren Kindern, die sich freuten Kicker zu spielen und sorglos über die Wiese zu rennen. Kleine Jungs und Mädchen, die beim Konzert am Abend beim Zuhören sanft einschlummerten. Abtanzen bis morgens um 3 (Nein, nicht neben den Zelten, in denen die Kinder schon schliefen!). Der erfrischende Regen in einer Nacht und die wohltuende Sommersonne am Tag.
Weg-Worte zum Abschied
Am Sonntagmorgen konnten alle, die wollten, auf einer Karte ein „Weg-Wort“ formulieren, das ihre Erfahrungen aus der gemeinsamen Zeit verdichtet. Es entstanden schöne, mutmachende Worte, die die Teilnehmer:innen dann mit auf ihren Nachhauseweg nahmen:
Gemeinschaft, Respekt, Paradies, Hoffnungsgeschichten, Freude, Freiheit, Frieden
Am Ende wünschten sich alle ein Wiedersehen im Frieden beim 3. wirdeinfestival 2025.
Wie wurde das möglich?
wirdeinfestival 2023 fand statt vom 15.-18. Juni 2023 in Neufrankenroda bei Gotha und wurde möglich durch eine Kooperation junger Erwachsener mit der senfkorn. STADTteilMISSION Gotha-West (einer Initiative des Evangelischen Kirchenkreises Gotha) und der finanziellen Unterstützung durch Demokratie Leben und Aktion Mensch.